Ein schönes und ansprechendes Produkt ist heute Standard und bietet keinen Wettbewerbsvorteil

10 Jun

Zu Beginn meiner Designerkarriere wurden wir an der Hochschule darauf getrimmt, die Welt zu verbessern und dabei auch noch der Anwalt des Benutzers zu sein. Damit wurde uns eingebläut, dass Industriedesigner eine übersteigerte ethische Verantwortung haben. Um die hohen an uns gestellten Ansprüche zu erfüllen, wählten wir immer wieder ambitionierte Themen aus der Medizintechnik, der Katastrophenhilfe oder rein ökologische Themen, die nicht weniger ehrgeizig waren. Zumindest mussten sich unsere Design-Bemühungen auf ein wahrhaft sinnvolles Produkt beziehen, um eine optimale Bewertung zu erreichen. Insgeheim hegten meine Studienfreunde und ich allerdings den Wunsch, Dinge vor allem schön zu gestalten. Unser Herz schlug dafür, die Welt mit ästhetisch ansprechenden Produkten zu bereichern.

Eierkocher und Heizlüfter ernüchterten mich

Die Praxis war dann allerdings ernüchternd: Zu meinen ersten Projekten in der Industrie gehörten so profane Dinge wie Verpackungen, Eierkocher und Heizlüfter. Bald musste ich erkennen, dass kein Designer mit dem im Studium gelernten Idealismus seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Immerhin war es in den 1980er- Jahren für jedes Unternehmen durchaus noch von Vorteil, wenn seine Produkte vor allem schön gestaltet waren.

Schöner Standard

Heute dagegen haben wir eine Situation, in der das „schöne Produkt“ auch im Maschinenbau Standard geworden ist. Ein ansprechendes Maschinendesign hilft einem Unternehmen lediglich, seine Marktposition und seine Verkaufspreise zu verteidigen, nicht aber sie auszubauen oder gar zu verbessern. Viele Entscheider haben diese Entwicklung aber noch nicht realisiert.

Von Unternehmern und anderen ‚rationalen Typen‘

Frage ich Unternehmer, wie sie das Thema Maschinendesign in ihrer Firma handhaben, höre ich oft folgende, im Brustton der Überzeugung erklärte Statements: „Wir haben einen Mitarbeiter, der gut zeichnen kann.“ Oder: „Wir arbeiten mit einer Hochschule zusammen, die uns das Industriedesign günstig liefert und auch noch die Ergonomie berücksichtigt.“ Oder aber: „Wir beschäftigen ein Designerbüro, das unsere Maschinen schön und einigermaßen alltagstauglich gestaltet.“ Erstaunlicherweise ist auch folgende Aussage keine Seltenheit: „Bei uns ist Design nicht wichtig. Unsere Kunden sind rationale Typen, die aufgrund von harten Kriterien, wie Funktion und Preis, entscheiden.“

Höchststrafe für wen?

Eine solche Aussage ist die Höchststrafe für jeden Industriedesigner, könnte manmeinen. – Nein, sondern für das betroffene Unternehmen. Glaubt man den Erkenntnissen der Hirnforschung, ist nahezu jede komplexe Entscheidung eine Bauchentscheidung, die erst im Nachhinein rationalisiert wird, um sie zu bekräftigen.

Eine maßgeschneiderte Ästhetik halte ich für eine Grundbedingung, um bei der gewünschten Zielgruppe eine hohe Akzeptanz zu erreichen. Den tatsächlichen Hebel für zusätzlichen Erfolg finden wir aber immer in einer verborgenen Ebene, die zu Beginn unserer Arbeit aufwendig recherchiert und erschlossen werden will.

Wie unser Maschinendesign Verkäufern Zeit spart

Einmal beauftragte uns ein führender Schweizer Maschinenbauer u. a. damit, ein zeitgemäßes Industriedesign für eines seiner Produkte zu gestalten. In unseren Gesprächen stellte sich heraus, dass das Hauptproblem der Maschine die äußerst langen und intensiven Verkaufsgespräche waren. „Unsere Verkäufer müssen sehr, sehr viel reden und überzeugen, um dem Kunden den Mehrwert und den damit verbundenen hohen Preis der Maschine verständlich zu machen“, hieß es. Dabei lag der Nutzenvorteil auf der Hand: höchste Präzision und herausragede Produktivität. Die Aufgabenstellung war für uns nun eine völlig andere geworden: Das Maschinendesign musste den Verkäufer zielgenau als Kommunikationswerkzeug unterstützen und die Voraussetzungen dafür schaffen, dass der Kunde innerhalb von Sekunden den Nutzenvorteil erkennen konnte. Damit war der Verkäufer frei, sich auf alle weiteren Fragen des Kunden zu konzentrieren. Durch punktgenaue Maßnahmen haben wir erreicht, dass sich der Abverkauf deutlich beschleunigt hat und die Gesprächszeiten halbiert werden konnten.

Ihr Jürgen R. Schmid

 

Ammerbuch – Nähe Stuttgart

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