Ich brenne für scheinbar unlösbare Projekte

13 Mai

Irgendwann in meinem Leben habe ich festgestellt, dass mich durchschnittliche Aufgaben nicht motivieren, Spitzenleistungen zu erbringen. Projekte, die für mich keine harten Nüsse darstellen, gehe ich gar nicht mehr an. In meinen frühen Jahren als Industriedesigner habe ich gelegentlich Kompromisse gemacht, nur um dann die Projekte gelangweilt und ohne tatsächliches Interesse zu Ende zu führen. So kam es, dass ich am Anfang meiner beruflichen Laufbahn mehrmals die Arbeitsstelle gewechselt habe, weil mich meine Aufgaben dauerhaft nicht wirklich herausgefordert haben. Nachdem ich mich 1983 mit Design Tech als Maschinendesigner selbständig gemacht habe, ist mir nie wieder langweilig geworden.

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Neue Projekte sind wie der erste Flug zum Mond

An scheinbar unlösbaren Projekten fasziniert mich das Ungewisse. Es beflügelt mich regelrecht, dass ich am Anfang keine Idee habe, in welcher Form sich die Lösung darstellen wird. Ich frage mich jedes Mal: Wie soll das Maschinendesign aussehen, damit es für unseren Kunden ein Erfolg wird? Auch die Angst vor dem leeren Blatt Papier ist mir nicht fremd. Neue, scheinbar unlösbare Projekte sind für mich jedes Mal wie der erste Flug zum Mond. Als positiv herausfordernd empfinde ich an ihnen den visionären, geheimnisvollen Charakter. Erstaunlicherweise beflügelt mich sogar gerade das Wissen, dass ich einen enormen Einsatz bringen muss, um diese besondere Herausforderung zu lösen. Meine Lösungsansätze können niemals aus der Schublade kommen. Jedes Thema aus dem Maschinendesign braucht eine intelligente Lösung, die höchst individuell erarbeitet werden will. Unbeschreiblich ist dann das Hochgefühl, wenn schließlich der eine – meist intuitive – Einfall für mich sichtbar wird und das Problem löst. Dieser Prozess, geprägt von Angst, Hoffnung und Freude lädt mich enorm mit Energie auf.

Die Metamorphose eines 3D-Druckers

Eines meiner scheinbar unlösbaren Projekte sah wie folgt aus: Vor etwa drei Jahren bekamen wir den Auftrag, einen 3D-Drucker für die Firma Arburg zu entwickeln. Die technologischen und fertigungstechnischen Vorgaben waren dabei sehr klar und eng gesteckt und erschwerten uns eine Erfolg versprechende Lösung. Hätten wir uns an die Vorgaben gehalten, hätten wir das übergeordnete Ziel, den angestrebten Markterfolg, nicht gewährleisten können. Zwar lag unsere vordergründige Aufgabe nur im Bereich des Maschinendesign, doch haben wir stets den Erfolg des Kunden vor Augen. Eine zentrale Auflage war die Produktion aus Blech. Verständlich, wenn man bedenkt, dass die Firma Arburg eine eigene, ausgezeichnete Blechfertigung betreibt.

Trotzdem haben wir ein Maschinendesign für den 3D-Drucker „freeformer“ entwickelt, das diese Bedingung nicht erfüllt, weil wir fest davon überzeugt waren, dass nur ein Drucker mit einer komplexen Freiform, die nur aus Kunststoff gefertigt werden kann, ein Markterfolg werden würde. Bei der Präsentation unserer Entwürfe waren wir äußerst angespannt. Nach vielen Diskussionen, Prototypen und Überprüfungen hat unser maßgeschneidertes Maschinendesign den Vorstand und die Gesellschafter schließlich überzeugt und begeistert und wurde von der Firma Arburg auf der Messe „K“ großartig und mit erstaunlichem Achtungserfolg vorgestellt.

Glück ist… wenn ein neues, scheinbar unlösbares Projekt wartet

Manchmal hoffe ich, dass ein erfolgreich abgeschlossenes Projekt Ruhe in meinen Geist bringen und das Glücksgefühl lange Bestand haben würde. Die kreative Unruhe kehrt allerdings jedes Mal schnell zurück und meine Gedanken sind wieder auf dem Weg zum nächsten unlösbaren Projekt, für das ich brennen kann.

Ihr Jürgen R. Schmid

 

 

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